Reingelegt und abgezockt: Branchenbuch-Schwindel

Thema:

Internet, Internetkriminalität: Gewerbeauskunft-Zentrale (GWE), Abzocke mit Branchenbucheinträgen

Illustration Branchenbuch-Schwindel: Pinocchio Lügennase
Es ist soweit, ein Brief der „Gewerbeauskunft-Zentrale“ erreicht den firmeneigenen analogen Postkasten. Eigentlich müsste man beleidigt sein, erst jetzt wahrgenommen zu werden, wo doch etliche dubiose Firmen seit einigen Jahren erfolgreich ihr Unwesen treiben. Aber Spaß bei Seite, denn enorm ist nicht nur der deutschlandweite wirtschaftliche Gesamtschaden, sondern vor allem die psychische Belastung vieler Geschädigter, die zum Teil über viele Monate mit Mahnbescheiden der entsprechenden Firmen und Inkasso-Büros behelligt werden.

Der Ablauf dieser perfiden Masche ist immer gleich. Entweder landet ein Schreiben per Fax, E-Mail oder Brief im Büro eines Unternehmens, welches auf den ersten Blick wie ein amtlicher, behördlicher Antrag aussieht oder einer Benachrichtigung eines bekannten seriösen Unternehmens wie „Das Örtliche“ oder „Gelbe Seiten“ ähnlich ist. Angeboten wird lediglich ein Branchenbucheintrag speziell für Gewerbetreibende, zu einem horrenden Preis auf einem unbedeutendem Internetportal.

Schon die Namensgebung dieser zwielichtigen Internet-Firmen ist wohl gewählt und führt gleich zu Anfang so manchen aufs Glatteis. Namen wie Gewerbeerfassung, Gewerbeauskunft-Zentrale, Deutsches Register gewerblicher Veröffentlichungen, Branchenverzeichnis Deutschland oder Gelbes Branchenbuch machen die Runde. Auch die Überschrift des Antrags, in allen Fällen speziell hervorgehoben, ist missverständlich formuliert und lautet beispielsweise: Eintragungsantrag Gewerbedatenbank, Eintragungsantrag Betriebsdatenbank oder Erfassung für gewerbliche Einträge. Viele dieser Schreiben werden außerdem mit einem Fälligkeitsdatum versehen, womit eine gewisse Dringlichkeit suggeriert wird. Hinzu kommt, dass diese Formulare schon die Basisdaten der Empfänger enthalten und so ein spezielles Grundwissen über die jeweilige Firma vorgetäuscht wird. Damit aber längst nicht genug, denn auf den meisten Anträgen befindet sich auch ein umrandeter Textkasten mit einer Faxnummer in vergrößerter „Fettschrift“, über die man doch bitte sogleich den unterschriebenen Antrag gebührenfrei zurücksenden soll. Kostenlos ist aber wirklich nur die Nummer, mit dem Antrag ist nämlich ein kostspieliges Jahresabo verbunden. Die Preise dafür variieren zwischen 500 und 1000 EURO und sind meist im Voraus zu entrichten.

Im aktuellen vorliegenden Fall der „Gewerbeauskunft-Zentrale“ werden zwar auf der Vorderseite des Antrags im Kleingedruckten die Kosten erwähnt, aber dies wurde erst nach einigen Gerichtsurteilen realisiert und war in früheren Zeiten noch anders. Auf älteren, von Opfern im Netz verbreiteten Anträgen, wurden diese Kosten ohne Umsatz- und Mehrwertsteuer lediglich auf der Rückseite vermerkt und in den AGB versteckt. Überhaupt wurde bei der Recherche klar, dass die Anträge stets nach verschiedenen Gerichtsurteilen gegen diese Internetfirmen leicht verändert in Umlauf gebracht wurden, um juristisch einwandfrei zu wirken. Allerdings wurden daraufhin die Formulare visuell weiter aufbereitet, so dass man beim überfliegen eines solchen Dokumentes die eigentlichen Kosten weiterhin leicht übersehen konnte. Ablenkung ist alles! Dabei bedienen sich die Macher dieser Anträge offensichtlich der Grenzen menschlicher Aufnahmefähigkeit und lenken wie schon erwähnt die Aufmerksamkeit auf die grafisch hervorgehobenen Elementen der Formulare, ähnlich eines gut vorgetragenen Zaubertricks.

Schon nach einem Gerichtsurteil vom Landgericht Düsseldorf aus dem Jahr 2011 gegen die Gewerbeauskunft-Zentrale wurden deren „Offerten“ für rechtswidrig erklärt, trotzdem wurden durch den damaligen Rechtsanwalt der GWE weiterhin Mahnbescheide mit extrem kurzen Zahlungsfristen an Unternehmen verschickt, die leider auf diese Masche hereingefallen waren. Nicht nur das die meisten Mahnungen aus taktischen Gründen den Opfern pünktlich am Wochenende oder vor Feiertagen zugestellt wurden, um so die Frist weiter zu verkürzen, ihnen wurde auch gleich ein altes Urteil des Amtsgerichts Münster vom Oktober 2010 beigefügt, welches sich auf ein anderes Unternehmen und ein völlig anderes Formular bezog. Fällt man also erst einmal darauf herein, schrecken nicht einmal die von den Abzockern beauftragten Rechtsanwälte davor zurück, mit gezielt gestreuten Fehlinformationen sofort Druck aufzubauen. Man fragt sich in diesem Zusammenhang auch, warum die regionalen Rechtsanwaltskammern oder die Bundesrechtsanwaltskammer als oberste Aufsichtsinstitution nicht gegen Anwälte vorgeht, die mit offensichtlich falschen Informationen Drohungen aussprechen. Zumindest hat das OLG Düsseldorf die Berufung der GWE zurückgewiesen und in zweiter Instanz am 6. Februar 2013 entschieden, dass die Angebotsformulare zur Eintragung in eine Gewerbedatenbank wettbewerbsrechtlich unzulässig sind. Das alles hält die GWE-Wirtschaftsinformationsgesellschaft mbH Düsseldorf - so die vollständige Unternehmensbezeichnung – aber nicht davon ab, weiterhin die irreführenden Angebotsformulare zu verschicken.

Aktualisierung des Artikels, 06.3.2017

Nach nun mehr vier Jahren scheint der Schwindel endlich ein Ende gefunden zu haben, denn die Gewerbeauskunft-Zentrale (GWE) vermeldet auf der Firmeneigenen Homepage die Aufgabe dieses zwielichtigen Geschäftsgebarens. Es scheint, dass der lange Kampf des Deutschen Schutzverbands gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) endlich Wirkung gezeigt hat, so dass viele betroffene Unternehmen aufatmen können. Firmen, die trotz alledem auch jetzt noch Mahnschreiben erhalten, sollten sich direkt an die für sie zuständige Handwerkskammer wenden. Auch der DSW bietet seine Hilfe weiterhin an, denn besonders Freiberuflern, die keiner Handwerkskammer angehören, bleibt so die Möglichkeit offen, sich gegen diese Abzocke zu wehren.

Deutschen Schutzverbands gegen Wirtschaftskriminalität (DSW)
  • Telefon: 06172 12150
  • Telefax: 06172 84422
  • E-Mail: mail@dsw-schutzverband.de


Fazit: Post ist nicht gleich Post, und was wichtig aussieht ist nicht immer dasselbige. Unternehmen sollten unbedingt ihre Angestellten über diese Art der Abzocke informieren und Kontrollmechanismen einführen, um die tägliche Post auszuwerten. Meist reicht ein zweites paar Augen aus, dieser Betrugsmasche Einhalt zu gebieten und dem Unternehmen unnötigen Ärger zu ersparen. Halten Sie also stets Rücksprache mit Kollegen, Vorgesetzten oder dem Chef, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist, denn leider ist es nach dem aktuellen Stand der Dinge gar nicht so einfach nach einer bereits geleisteten Zahlung den Vertrag anzufechten. Weitere Informationen und Hinweise erhalten Sie über die folgenden Links.
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